Online-Workshop 5 Weilheim

15Okt2020

Titel: Ausbildungserfolg sichern – Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten

14:00 - 17:00 Uhr

Ort: Virtueller Vernetzungsworkshop

Organisator: Sabine Fischer / sabine.fischer@f-bb.de

Virtueller Vernetzungsworkshop "Ausbildungserfolg sichern – Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten" für die Region Weilheim

Der Vernetzungsworkshop „Ausbildungserfolg sichern – Herausforderungen und Unter-stützungsmöglichkeiten“ wurde im Rahmen des Projekts „Erfolgreicher Ausbildungsab-schluss von Jugendlichen, insbesondere mit Fluchthintergrund“ vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) für die Region Weilheim gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, der Handwerkskammer (HWK) für München und Oberbayern sowie der Agentur für Arbeit Weilheim virtuell durchgeführt. Das Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales im Rahmen des Arbeitsmarktfonds gefördert.

Im Vordergrund des Workshops stand der Erfahrungsaustausch zwischen Akteur*innen, die die Jugendlichen beim Start in die Ausbildung und im Ausbildungsverlauf begleiten. Es wurden Instrumente und Beispiele guter Praxis für einen erfolgreichen Start in die Ausbil-dung und zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen vorgestellt. 17 Akteur*innen der Region sind der Einladung gefolgt, darunter Vertreter*innen von Betrieben, Lehrer*innen von Berufsschulen, Berufseinstiegsbegleiter*innen, Bildungskoordinator*innen sowie Vertreter*innen der beteiligten Kooperationspartner (IHK für München und Oberbayern, HWK für München und Oberbayern und Agentur für Arbeit Weilheim).

 

Verhinderung von Vertragslösungen und vor allem Ausbildungsabbrüche erfordern regionale Lösungen und Kooperationen

In seiner Begrüßung verwies Heiko Weber, Projektkoordinator am f-bb, auf die Bedeutung der dualen Ausbildung in Zeiten wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Veränderungen, bspw. durch den demographischen Wandel, die Digitalisierung und die Auswirkungen von Corona. Betriebe können durch eine Ausbildung den eigenen Fachkräftebedarf sicherstellen. Gerade vor diesen Herausforderungen sind der Austausch und die Vernetzung der Akteur*innen, die am Erfolg einer Ausbildung beteiligt sind, von entscheidender Bedeutung.

 

Vielfältige Problemlagen führen zu Vertragslösungen

Heiko Weber verdeutlichte die Unterscheidung von Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen. Etwa jede*r vierte Auszubildende vollendete 2018 die Ausbildung nicht und der Ausbildungsvertrag wurde vorzeitig gelöst. Ein Abbruch ist damit aber nicht gleichbedeutend. Dahinter steht oftmals auch ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs oder des Ausbildungsberufes. Mit der Höhe der Vertragslösungsquote sind Rückschlüsse auf die Qualität der Ausbildung, ebenso auf die vorgelagerten Entscheidungsprozesse – wie die Passung von Ausbildungsplatz und Interessen – und die Fähigkeiten der Bewerber*innen möglich.

Lösungen sind neben dem frühen Zeitpunkt im Ausbildungsverlauf (ein Drittel in der Pro-bezeit, ein weiteres Drittel im ersten Ausbildungsjahr) auch von der Branche und dem Schulabschluss abhängig (vgl. BIBB 2019, S.163). Die Gründe für Vertragslösungen sind meist eine Verzahnung unterschiedlicher, ineinander wirkender Faktoren. Für Auszubildende stellen hauptsächlich Konflikte mit Ausbilder*innen und Vorgesetzten, eine mangelnde Ausbildungsqualität und ungünstige Arbeitsbedingungen Gründe für Vertragslösungen dar (vgl. ebd., S.163ff.). Betriebe geben eher eine mangelnde Ausbildungsleistung und die fehlende Motivation der Auszubildenden an (vgl. ebd., S.163ff.). Besonders (fach-)sprachliche Hürden, fehlendes Fachwissen und unzureichende Kenntnisse des dualen Ausbildungssystems sowie eine eingeschränkte Mobilität und die Wohnsituation sind für Auszubildende mit Fluchthintergrund wesentliche Problemlagen in der Ausbildung.

Hinzu kommt, dass viele Betriebe durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie vermehrt Probleme haben, passende Auszubildende zu finden. Es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote und Maßnahmen, die Schülerinnen und Schüler bei ihrem Berufsorientierungsprozess begleiten. Bei den Angeboten handelt es sich vornehmlich um Präsenzangebote, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aktuell nicht im vorgesehenen Umfang umgesetzt werden können. Deshalb wird zunehmend auf digitale Angebote zur Berufsorientierung gesetzt. So beispielsweise ein Online-BOF-Kurs für Migrantinnen und Migranten in Würzburg. Ein weiteres Beispiel ist die Plattform Berufsorientierung Bayern, kurz BOBY: https://www.boby.bayern.de. Das Angebot richtet sich an ausbildungsinteressierte Menschen, deren Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch an Unternehmen, die sich zum Thema Ausbildung in Bayern informieren möchten. 


Ausbildungsreife – Erfolgreicher Start in die Ausbildung

Helmut Gebhard von der HWK für München und Oberbayern ist Ansprechpartner für Geflüchtete, Fachberater Berufsausbildung, Ausbildungsakquise und Mediator. Er stellte die ausbildungsbezogenen Aufgaben der Handwerkskammer vor. Die HWK

  • leitet die Ausbildungsberechtigung der Betriebe ein oder einzieht diese
  • begleitet den Ablauf der Ausbildung von Geflüchteten im Betrieb: unterstützt bei Problemen während d. Ausbildung, hilft bei Konflikten und Beschwerden sowie beim korrekten Ablauf, bietet Mediation an,
  • berät die an der Ausbildung Beteiligten (Betriebe/Eltern/Lehrer/Schüler…), bietet Einzelberatung, Gruppenberatung, vor Ort im Betrieb (Erwartungen des Betriebes an den AZUBI/Rechte/Pflichten/Verhaltenskodex…)
  • bietet Berufliche Orientierung (Schulen, BiK, Messen…)
  • genehmigt Ausbildungsverträge (AZUBI/Betrieb/Lehrlingsrolle)
  • hilft Ausbildungsabbrüche zu vermeiden

Herr Gebhard wies auf die zahlreichen Angebote vor der Ausbildung hin, die für einem guten Start in die Ausbildung sehr hilfreich sind. Mit der App „Lehrstellenradar 2.0“ bietet die HWK einen einfachen Zugang zu Ausbildungsbetrieben, freien Lehrstellen und Praktikumsplätzen in allen Handwerksberufen. Eine Bewerbungsfunktion, Umkreissuche und Kartendarstellungen vereinfachen die Navigation und führen direkt zur passenden Stelle.

Der „Berufe-Checker“ ist ein weiteres Angebot. Er enthält Informationen zu den über 130 Ausbildungsberufen im Handwerk.

Die App „MeinVokabular“ wurde von der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern speziell für Menschen mit Fluchthintergrund entwickelt, die eine Ausbildung im Handwerk machen und Probleme mit der Fachsprache haben.

Amadou Ndiaye, Integrationsberater im Bereich Berufsbildung bei der IHK für München und Oberbayern, stellte die Maßnahmen der IHK zur Integration von Geflüchteten in Ausbildung vor. Je nach Ausbildungsphase gibt es unterschiedliche Angebote für Geflüchtete sowie für Unternehmen. In der IHK-Lehrstellenbörse können Ausbildungsplatzsuchende und Unternehmen komfortabel nach Ausbildungs- und Praktikumsplätzen suchen bzw. Angebote einstellen.

Das Integrationsteam der IHK bietet kostenfreie Sprechstunden für Geflüchtete und Migranten*innen in ganz Oberbayern an und berät zu allen Fragen rund um das Thema Ausbildung. Aktuell finden die Beratungen ausschließlich online statt.

Das online-basierte Tool "check.work" hilft Talente, Fertigkeiten und berufliche Erfahrungen der Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund zu ermitteln und sichtbar zu machen.
Vor Beginn der Ausbildung eines jungen Menschen mit Fluchthintergrund sollte folgendes geprüft werden. Checkliste - Was ist zu beachten/ zu überprüfen?

  • Aufenthaltsstatus des Bewerbers
  • Arbeitsgenehmigung seitens der Behörden
  • Vorbildung des Bewerbers
  • Deutschkenntnisse des Bewerbers
  • Berufliche Eignung des Bewerbers
  • Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten

Die IHK AusbildungsScouts stellen ihre Berufe in Vorabgangsklassen allgemein bildender Schulen vor. Das gemeinsame Engagement von Auszubildenden, Unternehmen und Schulen hilft Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern beim Übergang von der Schule in Ausbildung bzw. stärkt das Ausbildungsverhältnis zwischen Auszubildenden (Scouts) und Unternehmen.

Das neue Ausbildungsformat der IHK 1 + X = Fachkraft besteht aus einer Kombination von fachbezogenem Spracherwerb mit dem Besuch der Berufsschule und der Ausbildung im Betrieb. Dieses Teilzeit-Ausbildungsmodell soll die Ausbildung von Flüchtlingen, Migrant*innen und Personen mit Förderungsbedarf stabilisieren. Ziel ist es, die Potenziale dieser Jugendlichen zu nutzen sowie über die gezielte Auswahl und langfristige Betreuung geeigneter Kandidaten Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Die klassische Berufsausbildung wird um ein Jahr verlängert.

 

Umgang mit Herausforderungen während der Ausbildung

Bianca Kunz-Mohamed, Berufsberaterin und Migrationsbeauftragte bei der Agentur für Arbeit Weilheim weist auf die Probleme hin, die während der Ausbildung auftreten können. So könnten junge Migranten*innen ohne Familie in Deutschland wenig Unterstützung erhalten oder keine Möglichkeiten zum konzentrierten Lernen haben (persönliche Herausforderungen). Hier könnten Ausbildungs-/Lernpaten zur Verfügung gestellt werden, räumliche Möglichkeiten zum Lernen geschaffen und/oder strukturierte Tages-/Wochenablaufläufe festgelegt werden. Unklare Hierarchien oder Unsicherheit über die eigene Verantwortung könnten zu Problemen führen (kulturelle Herausforderungen). Hier sollte Transparenz geschaffen, Ansprechpartner und deren Funktionen klar benannt und Aufgaben und Erwartungen an den Azubi klar formuliert werden. Auch sprachliche Defizite, rudimentäre Lernkompetenzen und fehlende Schulabschlüsse können das Ausbildungsverhältnis stören (Intellektuelle Herausforderungen). Hier können Angebote wie Ausbildungsbegleitende Hilfen/Assistierte Ausbildung der Agentur für Arbeit und weitere Online-Medien zur Unterstützung helfen. Angebote für Berufsbegleitende Deutschkurse über das BAMF sind über kursnet abrufbar.

Im Internet finden sich weitere umfassende Informationen zur Beschäftigung von geflüchteten Menschen. Eine App, die das „Ankommen“ erleichtert:

  • als Wegbegleiter zur schnellen und umfassenden Orientierung
  • mit Hinweisen zu Werten und Leben in Deutschland
  • mit Infos zu Asylverfahren
  • mit Infos zu Wegen in Ausbildung und Arbeit

Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge bringt Unternehmen zusammen unterstützt Betriebe aller Größen und Branchen, die geflüchtete Menschen beschäftigen oder sich ehrenamtlich engagieren.

In der Broschüre „Potentiale nutzen - geflüchtete Menschen beschäftigen“ können sich Arbeitgeber über rechtliche Voraussetzungen bei der Beschäftigung dieses Personenkreises informieren.

Informationen zu Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen von Praktika gibt es in dem Merkblatt „Praktika“ und betriebliche Tätigkeiten für Asylbewerber und geduldete Personen.

Online am Desktop oder mobil auf Smartphone und Tablet: Einfach mobil Deutsch lernen per App „DW Learn German“. Das E-Learning-Angebot wurde in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit erstellt und bietet die Niveaustufen A0, A1, A2, B1, B1+ Sprachen: Arabisch, Deutsch, Englisch.

Mathe online lernen mit Videos unter www.touchdown-mathe.de für den Schulabschluss, die Ausbildung oder das Studium. Speziell für Flüchtlinge und Migranten sind die TOUCHDOWN Mathe Basics-Videos mit deutschen und arabischen Untertiteln versehen. Damit trainieren auch Neuankömmlinge in Deutschland effektiv die Mathe-Grundlagen für Schule, Ausbildung und Beruf.

Insgesamt konnten die Kooperationspartner den Teilnehmenden einen umfassenden Überblick geben über die verschiedenen Angebote, Fördermaßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten für einen guten Start in die Ausbildung und zur Stabilisierung der Ausbildung. Darunter waren auch Angebote, die einige Teilnehmende bereits nutzen, wie bspw. die Assistierte Ausbildung (AsA), ausbildungsbegleitende Hilfen (abH), Einstiegsqualifizierung (EQJ) oder die Unterstützung durch Berufseinstiegsbegleiter*innen oder Förderunterricht an Berufsschulen. Weitere Angebote, die angesprochen und diskutiert wurden, sind:

 

Weitere Informationen bietet der digitale „Methodenkoffer Ausbildungserfolg“

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, für weitere Informationen zu Gründen von Vertragslösungen und den entsprechenden Unterstützungsmöglichkeiten den digitalen „Methodenkoffer Ausbildungserfolg“ (https://methodenkoffer-ausbildungserfolg.f-bb.de) zu besuchen und sich auf der Webseite für den Newsletter anzumelden.

 

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