Workshop 2 Bamberg/Coburg

02Dez2019

Titel: Erfolgreicher Ausbildungsabschluss - Ausbildungsabbrüche vermeiden

13:00 - 17:00

Ort: IHK-Bildungszentrum Bamberg

Ohmstraße 15, 96050 Bamberg (Konferenzraum)

Organisator: Timo Hauenstein (f-bb) / timo.hauenstein@f-bb.de

Regionaler Workshop „Erfolgreicher Ausbildungsabschluss – Ausbildungsabbrüche vermeiden“ am 02. Dezember 2019 in Bamberg

Der Workshop „Erfolgreicher Ausbildungsabschluss – Ausbildungsabbrüche vermeiden“ wurde im Rahmen des Projekts „Erfolgreicher Ausbildungsabschluss von Jugendlichen, insbesondere mit Fluchthintergrund“ vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) in Bamberg gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken Bayreuth, der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Coburg, der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken sowie der Agentur für Arbeit Bayreuth-Coburg durchgeführt. Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsminsteriums für Familie, Arbeit und Soziales im Rahmen des Arbeitsmarktfonds gefördert.

Im Vordergrund stand der Erfahrungsaustausch zwischen Akteur*innen, die die Jugendlichen am Übergang und im Ausbildungsverlauf begleiten. Gegenstand waren Instrumente und Beispiele guter Praxis zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen. Rund 35 Akteur*innen der Region sind der Einladung gefolgt, darunter Lehrer*innen von Mittel- und Berufsschulen, Berufseinsteigsbegleiter*innen, Vertreter*innen der beteiligten Kammern (IHK für Oberfranken Bayreuth, IHK zu Coburg, HWK für Oberfranken) und der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg. Leider sind trotz direkter Ansprachen durch die Kooperationspartner*innen und langfristig angelegter Einladungsschreiben keine Betriebe aus der Region zum Workshop erschienen.

Verhinderung von Vertragslösungen und vor allem Ausbildungsabbrüche erfordern regionale Lösungen und Kooperationen

In ihrer Begrüßung verwies Kristin Hecker, Projektgruppenleiterin am f-bb, auf viele Vorteile der dualen Ausbildung sowohl für Betriebe als auch für Jugendliche: Betriebe können durch eine Ausbildung den eigenen Fachkräftebedarf sichern. Das duale Ausbildungssystem ist damit auch ein Jobmotor. Jungen Menschen sichert es den Einstieg ins Berufsleben, gewährleistet dauerhafte Beschäftigung und ist Integrationsfaktor für Jugendliche mit Flucht- und Migrationshintergrund. Viele der kürzlich Zugewanderten sind jung und befinden sich im ausbildungsfähigen Alter.

Da eine Ausbildung sehr individuell verläuft, ob mit oder ohne Fluchthintergrund, und jede*r Auszubildende unterschiedliche Voraussetzungen bzw. Lebenssituationen mitbringt, können Hürden auftreten. Für einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss gilt es, ausbildungsgefährdende Problemlagen zu reduzieren und gemeinsam zu lösen.

Vielfältige Problemlagen führen zu Vertragslösungen

In Kurzinputs gingen Kristin Hecker und Referent*innen der Kooperationspartner*innen auf Gründe von Vertragslösungen explizit ein:

  • Kristin Hecker verdeutlichte zunächst die Unterscheidung von Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen. Zwar vollendete 2018 knapp jede*r vierte Auszubildende die Ausbildung nicht und der Ausbildungsvertrag wurde vorzeitig gelöst, dies ist aber nicht immer mit einem Abbruch gleichzusetzen. Oftmals wird die Ausbildung in einem anderen Betrieb abgeschlossen oder der Ausbildungsberuf gewechselt. Die Höhe der Vertragslösungsquote ermöglicht Rückschlüsse auf die Qualität der Ausbildung, ebenso auf die vorgelagerten Entscheidungsprozesse – wie die Passung von Ausbildungsplatz und Interessen – und die Fähigkeiten der Bewerber*innen.

Bayern weist im Vergleich zu den restlichen Bundesländern die höchste Angebots-Nachfrage-Relation (ANR) mit 109,5 Prozent auf, wodurch sich große Passungsprobleme zeigen.[1] Während 14,5 Prozent der Stellen in Bayern unbesetzt bleiben, wird das Vertragspotenzial von 6,4 Prozent der Nachfragenden ohne Ausbildungsplatz nicht genutzt.[2] Im Agenturbezirk Bamberg-Coburg ist die ANR mit 114,6 unausgeglichen.[3] Für Ausbildungsinteressierte und Auszubildende ist diese Relation positiv, da sie aus einem größeren Angebot von freien Ausbildungsstellen wählen können. Je besser die Situation für Auszubildende ist, desto größer ist auch die Anzahl gelöster Verträge.

Ein Drittel der Vertragslösungen erfolgt in der Probezeit, ein weiteres Drittel im ersten Ausbildungsjahr. Lösungen sind neben dem frühen Zeitpunkt im Ausbildungsverlauf auch von der Branche und dem Schulabschluss abhängig.[4] Wichtig ist es, Vertragslösungen und die Gründe dafür als Zusammenspiel unterschiedlicher, ineinander wirkender Faktoren zu betrachten. Auszubildende begründen Vertragslösungen hauptsächlich mit Konflikten mit dem Ausbildungspersonal und Vorgesetzten, einer mangelnden Ausbildungsqualität und ungünstigen Arbeitsbedingungen.[5] Im Vergleich dazu geben Betriebe eher eine mangelnde Ausbildungsleistung und die fehlende Motivation der Auszubildenden an.[6] Für Auszubildende mit Fluchthintergrund sind besonders (fach-)sprachliche Hürden, fehlendes Fachwissen und unzureichende Kenntnisse des dualen Ausbildungssystems sowie eine eingeschränkte Mobilität und die Wohnsituation wesentliche Problemlagen in der Ausbildung.

  • Bernd Rehorz, Leiter des Bereichs Berufliche Bildung der IHK für Oberfranken Bayreuth, verwies auf die gute Situation in der Region mit Vertragslösungsquoten von 17 Prozent, bzw. 20 Prozent bei Auszubildenden mit Flucht- bzw. Migrationshintergrund. 77 Prozent der Ausbildungen werden erfolgreich abgeschlossen. Diese Zahl wird aus Sicht von Bernd Rehorz wahrscheinlich noch steigen, da erfolgreiche Zweitversuche von Abschlussprüfungen noch nicht eingerechnet sind. Häufig münden Auszubildende nach Vertragslösungen in kurzer Zeit in neue Ausbildungsstellen. Es fehlen aber Informationen, wohin diese Auszubildenden einmünden, da kein Austausch zwischen Kammerbezirken oder zwischen IHK und HWK darüber besteht. Der Weg kann so nicht nachvollzogen werden.

Es sind nicht mehr Vertragslösungen als früher zu verzeichnen, die Bewertung habe sich allerdings verändert. Während Abbrüche bzw. Vertragslösungen in der Probezeit als Zeichen der Orientierung zu Beginn einer Ausbildung aus Sicht von Bernd Rehorz kaum zu verhindern sind, sind andere Gründe für Lösungen wesentlich relevanter. Zum einen sei den Auszubildenden in Mangelberufen bewusst, dass bei einer Lösung weitere Ausbildungsstellen frei sind. Zum anderen sei eine geringere Belastbarkeit und Lernbereitschaft bei Auszubildenden festzustellen, die in einer Ausbildung und im Berufsleben erwartet wird. Bei Geflüchteten stellen fehlende Sprachkenntnisse und das fehlende Wissen über das duale Ausbildungssystem die häufigsten Gründe für Vertragslösungen dar, weshalb Ausbildungen nicht erfolgreich abgeschlossen werden.

Auf der anderen Seite sollten auch Betriebe umdenken und Auszubildenden mit Blick auf Entwicklungen der Digitalisierung und Work-Life-Balance attraktive bieten und damit die Mitarbeiterbindung stärken.

  • Rainer Kissing, Leiter Berufliche Bildung der IHK zu Coburg, stellte für seinen Kammerbezirk eine Erhöhung an Vertragslösungen, insbesondere in der Probezeit fest. In Bezug auf den Verbleib dieser Auszubildende schloss er sich Bernd Rehorz an. Das Wissen darüber fehlt den Kammern. In der Beratung von Auszubildenden und Betrieben sind einige Veränderungen in den letzten Jahren festzustellen. Auf Seiten der Auszubildenden sei häufig eine Überforderung in Bezug auf Situationen im Ausbildungsalltag zu sehen. Betriebe seien hingegen oftmals ratlos im Umgang mit Auszubildenden bei Problemlagen und Konflikten. Dies zeige sich in der gestiegenen Anzahl an Vereinbarungen zum Umgang und zu Zielerreichungen zwischen Auszubildenden und Betrieben, die mit Hilfe der IHK geschlossen werden.

Zwar nehme die Belastbarkeit junger Menschen ab und grundlegende ausbildungsrelevante Pflichten, bspw. das Führen von Berichtsheften, würden vernachlässigt, Ausbilder*innen hätten auch immer weniger Zeit, um in der Ausbildung auf die Auszubildenden einzugehen.

  • Laut Susan Dörfler, Berufsberaterin in der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, würden Jugendliche meist Hilfe bei Vertragslösungen suchen, wenn die Jugendlichen bereits einen Abbruch oder Wechsel ernsthaft in Erwägung ziehen. Aus ihrer Beratungserfahrung gehen die Lösungen jeweils zur Häfte von Betrieben und Auszubildenden aus. Während Betriebe meist andere Erwartungen an die Auszubildenden und unzureichendes Verhalten, bspw. Pünktlichkeit, als Grund angeben, lösen die Auszubildenden eher bei Konfliktsituationen. Diese würden viele Auszubildenden zudem fälschlicherweise mit einer falschen Berufswahl verknüpfen. Auf der einen Seite sieht auch Susan Dörfler eine fehlende Belastbarkeit bzw. fehlendes Durchhaltevermögen der Auszubildenden, auf der anderen Seite die Notwendigkeit einer besseren Schulung von Ausbilder*innen bei Konfliktsituationen.

Um Vertragslösungen rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenwirken zu können, wird das präventive Testverfahren PraeLab erfolgreich in der Region eingesetzt.

  • Udo Pfadenhauer, Akquisiteur für Flüchtlinge der Handwerkskammer für Oberfranken, bezog sich auf die Situation der Geflüchteten in Ausbildung. Bei Geflüchteten, die eine Duldung erhalten haben, hätten viele zu überhastet mit einer Ausbildung begonnen. Dies zeige sich in fehlenden grundlegenden und fachbezogenen Sprachkenntnissen. Daher sind Einstiegsqualifizierungen und Praktika aus seiner Sicht sehr hilfreich, um nach ersten Erfahrungen gezielt in eine Ausbildung zu münden und diese erfolgreich abzuschließen.

Bei Geflüchteten seien Interventionen bei Entscheidungen zur Lösung aufgrund der Sprunghaftigkeit und Schnellebigkeit von Entscheidungen, auch mit Blick auf fehlendes Durchhaltevermögen von Auszubildenden und die Fluktuation von Mitarbeiterzahlen in Betrieben, kaum möglich. Zudem warten Jugendliche nach Erfahrung von Udo Pfadenhauer lange mit der Rückmeldung auf vorliegende Ausbildungsverträge. Dies führt zu einer Unsicherheit bei Betrieben, ob überhaupt Jugendliche eine angebotene Ausbildung antreten.

Meet & Greet

Anschließend konnten sich die Teilnehmenden in einer moderierten Kleingruppenarbeit (Meet & Greet) gegenseitig kennenzulernen und zu Gründen von Vertragslösungen und Maßnahmen zur Stabilisierung auszutauschen. Folgende Ergebnisse wurden festgehalten:

  • Gründe für Ausbildungsabbrüche von Jugendlichen:

Der Eindruck der Kooperationspartner*innen, der in den Kurzinputs vermittelt wurde, wird durch die Antworten der Teilnehmenden in den Meet & Greet-Gruppen bestärkt. Fehlendes Durchhaltevermögen, fehlende Kritik- und Problemlösefahigkeit und eine geringe Frustrationstoleranz wurden am häufigsten als Gründe für Vertragslösungen bzw. Ausbildungsabbrüche genannt. Neben der fehlenden Selbstständigkeit gaben die Teilnehmenden hauptsächlich noch die fehlende Unterstützung durch Eltern, fehlende soziale Kompetenzen, eine fehlende Ausbildungs- bzw. Berufswahlreife, Konflikte mit Ausbilder*innen und falsche Vorstellung bzw. Erwartungen als ausbildungsgefährdende Faktoren an. Seltener genannt wurden außerdem private und familiäre Probleme, psychische und suchtspezifische Probleme sowie einen Mangel an Struktur in der Ausbildung, auch bedingt durch unzureichende pädagogische Kenntnisse der Ausbilder*innen.

  • Gründe für Ausbildungsabbrüche, speziell bei Jugendlichen mit Fluchthintergrund:

Jugendlichen mit Fluchthintergrund werden von den Teilnehmden überwiegend unzureichende (fach-)sprachliche Kenntnisse, fehlende schulische Vorkenntnisse und fehlende Kenntnisse des dualen Ausbildungssystems in Deutschlanf als Ursachen für Abbrüche bzw. Vertragslösungen zugeordnet. Darüber hinaus weisen die Teilnehmenden auf Hürden infolge kultureller Unterschiede, bspw. Pünktlichkeit, eine ungeeignete Wohnsituation, psychische Belastungen durch Traumata oder eine fehlende Sicherheit infolge des ungeklärten Aufenthaltsstatus hin. Einerseits fehlen geeignete Lernunterlagen, um auf Prüfungssituationen in einer für Jugendlichen mit Fluchthintergrund fremden Fachsprache vorbereitet zu sein, andererseits führen bürokratische Hürden zu Problemlagen in der Ausbildung.

  • Methoden, Instrumente und Institutionen zur Lösung:

Den Teilnehmenden sind viele verschiedene Methoden zur Stabilisierung von Ausbildungsverläufen aus ihrer täglichen Arbeit mit Auszubildenden bekannt. Sie verweisen vielfach auf die Maßnahmen der Agentur für Arbeit, die Assistierte Ausbildung (AsA) oder ausbildungsbegleitende Hilfen (abH). Hierfür wünschen sie sich mehr Plätze für Jugendliche. Bei Maßnahmen der Berufseinstiegsbegleitung fordern sie eine längere Betreuungszeit in die Ausbildung hinein. Dafür wird aus Sicht der Teilnehmenden aber ein kontinuierlicher Personaleinsatz benötigt, um den Wissensaufbau zu fördern. Neben vorgeschalteten Sprachkursen für Geflüchtete, heben die Teilnehmenden die stabilisierende Wirkung von Praktika und weiterer Berufsorientierungsmaßnahmen hervor, um eine Ausbildung von Beginn an zu festigen. Eine weitere Stärkung von Jugendlichen in der Ausbildung sehen sie in einem intensiveren, vernetzteren Austausch zwischen allen an einer Ausbildung beteiligten Akteur*innen, den Agenturen bzw. Jobcentern, Kammern, Berufsschulen, Eltern, Betrieben, Trägern und Auszubildenden. Vor allem die Einbindung der Eltern durch Betriebe und Schulen stellen sie dabei in den Fokus. Darüber hinaus stellt eine stärkere sozialpädagogische und psychosoziale Beratung (bspw. IPSO-Care) ein wesentliches Element zur Vermeidung von Abbrüchen und Vertragslösungen dar.

World Café – vielfältige Möglichkeiten zur Stabilisierung von Ausbildungsverläufen in der Region

Im Rahmen eines World Cafés hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in einer der vier angebotenen Stationen einen vertieften Einblick in Maßnahmen zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen bzw- Vertragslösungen zu erhalten An den einzelnen Stationen nutzten die Teilnehmenden die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und zur gemeinsamen Diskussion über die vorgestellten Unterstützungsmaßnahmen und Tools.

World Café-Station 1: Unterstützungsmöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit

Susan Dörfler und Michael Wolf von der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg verwiesen auf die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit zur Stabilisierung von Ausbildungsverläufen. Dabei ist die Stärkung der Eigenverantwortung junger Menschen ebenso wie ihre individuelle Unterstützung von besonderer Bedeutung.

Zur Verhinderung von Vertragslösungen v. a. zu Beginn des Ausbildungsverlaufs stellt die betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) eine geeignete Möglichkeit dar. Es werden Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeiten,  ein Eindruck über einen Beruf – dadurch Sicherheit in der Berufswahl – und Erwartungen an die notwendigen Kompetenzen und Anforderungen vermittelt. Die gewonnen Eindrücke festigen ein angestrebtes Ausbildungsverhältnis. Die EQ richtet sich an Jugendliche mit Migrationshintergrund, soziale Benachteiligte und Jugendliche mit fehlender Berufsreife.

Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) greifen bei Problemlagen im Ausbildungsverlauf und beim Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten. Die Kontaktvermittlung erfolgt über die Agentur für Arbeit, eine Anmeldung über zuständige Träger. Neben sozialpädagogischer Begleitung erhalten junge Menschen in einer Erstausbildung oder einer EQ Unterstützung bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten durch Stütz- und Förderunterricht. Eine abH kann ebenso zur Prüfungsvorbereitung genutzt werden.

Die Assistierte Ausbildung (AsA) bietet jungen Menschen in einer Erstausbildung ebenfalls Unterstützung beim Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, außerdem die Förderung fachtheoretischer Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Anmeldung erfolgt im Gegensatz zu einer abH-Maßnahme direkt über die Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Sowohl bei der abH als auch bei der AsA ist zu beachten, dass die Unterstützung neben dem Beruf für junge Menschen sehr anstrengend sein kann und diesbezüglich Freiräume in Absprache mit dem Ausbildungsbetrieb und den Auszubildenden für eine erfolgreiche Begleitung wichtig sind, um einer zusätzlichen Überforderung entgegen zu wirken.

Die Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg setzt auch auf präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Neben der Beratung und Vermittlung von Auszubildenden in , die ihren Ausbildungsvertrag lösen möchten bzw. an ihrer Ausbildung zweifeln, wird an den Berufsschulen 1 bis 3 in Bamberg eine „Azubi-Sprechstunde“ zu Schwierigkeiten in der Ausbildung und Fragen rund um die Ausbildung angeboten.  Darüber hinaus wird das Testverfahren PRAELAB zur Erkennung von abbruchgefährdeten Jugendlichen in Coburg angewendet. Dieses „Frühwarnsystem“ besteht aus einem Online-Fragebogen zur Selbsteinschätzung der überfachlichen Kompetenzen der Auszubildenden. Im Anschluss wird ein Kompetenzprofil erstellt und anhand vergleichbarer Ergebnisse in der selben Berufsgruppe ausgewertet. Liegen Abbruchtendenzen vor, wird eine Beratung angeboten. Präventive Maßnahmen sind aus Sicht von Susan Dörfler besonders wichtig, um Ausbildungsabbrüche frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.

World Café-Station 2: Mit VerA SES (Initiative Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen – Senior Experten Service)erfolgreich durch die Ausbildung

Wolfgang Kunze, Regionalkoordinator von VerA SES  für die Region Bayreuth/Coburg brachte den Teilnehmenden VerA als Bestandteil der Initiative Bildungsketten näher. Mit VerA kann eine fehlenden Ausbildungsreifer und vorzeitigen Vertragslösungen entgegengewirkt werden. Die Initiative richtet sich an Auszubildende, denen die Ausbildung Probleme bereitet. Nach Anfrage durch die hilfesuchenden jungen Menschen werden diesen ehrenamtliche Fachleute im Ruhestand als lebens- und berufserfahrene Ratgeber*innen zur Seite gestellt. Die Senior Expert*innen sind für ihre Aufgabe speziell geschult. Zudem finden in Abständen weitere Schulungen und Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch statt. Die Begleitung kann von den Expert*innen individuell gestaltet werden, um auf die jeweiligen Bedürfnisse und Unterstützungsbedarfe der Auszubildenden einzugehen.

Im Mittelpunkt der Ausbildungsbegleitung die „Profis im Ruhestand“ stehen Unterstützungsbedarfe bei fachlichen Fragen, bei Übungen zur beruflichen Praxis, bei der Prüfungsvorbereitung und bei sprachlichen Defiziten. Damit richtet sich VerA sowohl an Jugendliche mit als auch ohne Flucht- bzw. Migrations-hintergrund. Übergeordnet werden auch soziale Kompetenzen und die Lernmotivation gefördert sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Ausbil-der*innen und Auszubildenden gestärkt. Darüber hinaus stehen die Expert*innen bei Bedarf auch bei Fragen oder Problemlagen, die keinen direkten Bezug zur Ausbildung haben, mit Rat zur Seite. Die Regeldauer der Begleitung beträgt bis zu zwölf Monate, kann aber auch die gesamte Ausbildung hinweg verlaufen.

Die Begleiter*innen müssen neben Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz für die Auszubildenden erreichbar sein. Neben Durchsetzungsvermögen verlangt die Begleitung der jungen Menschen auch Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Situation der Jugendlichen. Der gestiegenenen Anzahl an Anfragen stehen laut Wolfgang Kunze allerdings zu wenige Begleiter*innen gegenüber, da diese maximal zwei Begleitungen zeitgleich durchführen können.

World Café-Station 3: Individuelle Unterstützungsangebote zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen durch den „AZUBI-Support“

Rainer Kissing von der IHK zu Coburg stellte den Teilnehmenden den „AZUBI-Support“ vor. Ziel ist es, junge Erwachsene ohne Ausbildungsplatz und potenzielle Ausbildungsabbrecher*innen zu beraten und zu betreuen. Die Besonderheit besteht in der expliziten, individuellen Ausrichtung auf den/die jeweilige*n Jugendliche*n. Der „AZUBI-Support“ richtet sich an alle Jugendlichen, die einen erfolgreichen Abschluss einer dualen Berufsausbildung anstreben, unabhängig ob sie sich in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme befinden, noch keinen Ausbildungsplatz haben oder Probleme in der Ausbildung haben. Die fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Fähigkeiten sowie die Motivation werden erfasst, um auf den jeweiligen Bedarf hin passende Beratungs-, Schulungs- oder sonstige Hilfsangebote zu entwickeln. Hierbei werden auch der Ausbildungsbetrieb und das Elternhaus miteinbezogen. Das Netzwerk um eine*n Auszubildende*n herum – bestehend aus Ausbildungsbetrieb, Berufsschule, Eltern und Maßnahmenträger – ist entscheidend, um Problemlagen und Defizite zu erkennen und in der individuellen Hilfestellung gemeinsam zu lösen. Für Unternehmen, die leistungsschwachen Auszubildenden eine Chance geben möchten, gibt es darüber hinaus passgenaue Hilfsangebote.

Aufgrund des fehlenden Wissens über vorhandene Hilfestellungen ist aus Sicht von Rainer Kissing eine engere Zusammenarbeit aller Akteur*innen entscheidend. Zudem sollte auf den einzelnen Menschen individuell eingegangen werden, um die Unterstützung erfolgreich zu gestalten. Dies wird durch den „AZUBI-Support“ ermöglicht.

World Café-Station 4: Erfolgreich in die Prüfung durch “Fit in die Prüfung”

Udo Pfadenhauer stellte Angebote der HWK für Oberfranken zur Sicherung des Ausbildungserfolgs vor. Die große Nachfrage von Auszubildenden zeigt, dass der Bedarf nach Unterstützung in der Ausbildung geben und notwendig ist. Die verschiedenen Angebote helfen vorhandene Schwierigkeiten der Auszubildenden, überwiegend in der Berufsschule, zu überwinden. Eine Buchung der kostenpflichtigen Angebote ist gleichermaßen durch Auszubildende und Ausbildungsbetriebe möglich.

„Fit in die Prüfung“ ist an Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr gerichtet und wird sowohl für Auszubildende in gewerblich-technischen als auch in Kfz-Berufen angeboten. In mehreren Unterrichtseinheiten werden mit Auszubildenden im Fach Wirtschaft- und Sozialkunde prüfungsrelevante Themen (bspw. Berufsbildung, Arbeitsrecht, Tarifverträge, Sozialversicherungssysteme, Wirtschaftssysteme, Umgang mit und Bearbeitung von Prüfungsfragen) nochmals vertieft aufgearbeitet.

Darüber hinaus bietet die HWK für Oberfranken die ausbildungsbegleitende Unterstützung (abU) für Auszubildende aller Berufszweige an. Inhalte Lehrgangs mit mehreren Unterrichtseinheiten in der Woche sind: ein berufsschulbegleitender Stützunterricht, die Aufarbeitung von Wissenslücken, eine individuelle Lernförderung, die Unterstützung in allen Prüfungsfächern und das Training bei Prüfungsangst. Die gezielte Prüfungsvorbereitung findet in kleineren Lerngruppen oder im Einzelunterricht statt und kann optional sozialpädagogisch begleitet werden.

Während die vorgestellten Unterstützungsangebote auf späteren Zeitraum in einer Ausbildung abzielen, stellt Udo Pfadenhauer auch präventive Maßnahmen und Aspekte vor bzw. zu Ausbildungsbeginn in den Vordergrund. Neben einer guten Beratung und passenden Vermittlung von Ausbildungsinteressierten mit und ohne Fluchthintergrund stärken Praktika oder auch Messebesuche die Berufsorientierung und damit die Entscheidungsfindung. Ausbildungsverläufe können somit schon von Beginn an gestärkt und der Ausbildungserfolg gesichert werden.

Abbrüche verhindern – präventive Maßnahmen erhöhen und Zusammenarbeit vor Ort stärken

Die in der Veranstaltung vorgestellten Unterstützungsmöglichkeiten können den Ausbildungsverlauf von Jugendlichen mit und ohne Flucht- bzw. Migrationshintergrund bei unterschiedlichen Problemlagen stabilisieren. Besonders wichtig ist dabei die Förderung der Selbstständigkeit junger Menschen. Durch eine frühzeitige Berufsorientierung im Vorfeld,  und damit verbunden realitätsnahe Vorstellungen und Erwartungen an eine Ausbildung, kann diese bereits frühzeitig gefestigt werden. Eine individuelle Beratung und Begleitung während der Ausbildung wirkt ausbildungsgefährdenden Konstellationen entgegen. Bei Geflüchteten besteht hier aus Sicht der Teilnehmenden v. a. ein Bedarf bei (fach-) sprachlichen Hürden, fehlenden schulischen Vorkenntnissen und kulturellen Unterschieden.

Die Förderung der Zusammenarbeit aller an der Ausbildung beteiligter Akteur*innen ist für die Verhinderung von vorzeitigen Vertragslösungen entscheidend. Problemlagen können durch ein Netzwerk aus Ausbildungsbetrieb, Berufsschule und Träger früher erkannt und gemeinsam gelöst werden. Die Teilnehmenden wünschten sich dabei ein aktiveres Engagement der Betriebe, Zeit und Ressourcen in die Begleitung der Auszubildenden zu investieren und sich stärker in den gegenseitigen Austausch einzubringen. Hierfür ist es wichtig, entsprechende Unterstützungsmaßnahmen unter Betrieben bekannter zu machen. Gleichzeitig wurde festgehalten, Eltern als wichtige Säule gegen Ausbildungsabbrüche stärker miteinzubeziehen. Der Erfahrungsaustausch unter Akteur*innen führt dazu, voneinander zu lernen und vorhandenes Wissen zu nutzen. Hierfür bieten sich bestehende Dialogformate der Kammern und regionaler Netzwerke an.

Des Weiteren wurde die Bedeutung präventiver Maßnahmen von den Teilnehmenden hervorgehoben. Zuständige Stellen und Beratungsstellen werden erst mit der vorzeitigen Vertragslösung konfrontiert, wenn es zu spät ist. Das Testverfahren PRAELAB zur Ermittlung von abbruchgefähredeten Auszubildenden war wenigen Teilnehmer*innen bekannt und daher das Interesse daran groß. Sozialpädagogische Betreuungsangebote sollte aus Sicht der Teilnehmenden daher ebenfalls ausgebaut und ihr Bekanntheitsgrad unter Auszubildenden und Betrieben erhöht werden.

Erfolgreiche Fortsetzung der Workshopreihe

Die Teilnehmenden bewerteten den Workshop insgesamt gut bis sehr gut. Die vorgestellten Instrumente und Maßnahmen, die zum Teil nicht bekannt waren, wurden als besonders lehrreich eingestuft. Die Teilnehmer*innen hätten sich noch mehr Zeit im World Café und für die Beantwortung von Fragen gewünscht. Diese Hinweise wird das f-bb in die Planung der weiteren Workshops einbeziehen und dem Austausch zu regionalen Problemlagen und Unterstützungsmöglichkeiten mehr Raum geben. Die Teilnehmenden wünschen sich zudem eine größere Beteiligung von Betrieben im Workshop. Das f-bb wird daher die Einladung von Betrieben mit den regionalen Kooperationspartnern noch mehr intensivieren.

[1] vgl. Seeber u.a. 2019, S.6

[2] vgl. ebd., S.7

[3] vgl. Seeber u.a. 2019, S.6

[4] vgl. BIBB 2019, S.163

[5] vgl. ebd., S.163ff.

[6] vgl. ebd.

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